Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, April 24, 2013

Ximen Tempel

UPDATE: Danke an MKL in den Kommentaren, es handelt sich also um den Tianhou Tempel (http://taipeitiauhou.tw/en/index_en01.html). MKLs englischspr. Blog ist nebenbei bemerkt eine Dauerempfehlung (http://mykafkaesquelife.blogspot.tw/).

UPDATE2: Und wenn ich das richtig verstehe, wird hier Mazu verehrt, eine Göttin vom Archetyp der Muttergöttin, maritimen Charakters und ehemals eine Fischertochter aus dem Jahre 960, die in den Götterstand erhoben wurde wegen Trancerettung ihrer ertrinkenden Familie. http://de.wikipedia.org/wiki/Mazu 
Hätte ich gleich gewusst, dass es Mazu ist, hätte ich mich gleich wie zu Hause gefühlt. Erinnert mich immer an Travia, die Göttin aus dem "Das Schwarze Auge"-Rollenspiel. Oder auch in Ludigels alter Fantasyspielrunde vorhanden ;-)

***

Neulich nach dem Stadtrundgang in Ximen fand ich bei Anbruch der Dunkelheit noch einen ganz netten Tempel. In der beginnenden Dämmerung wurde die Umgebung stumpf und düster, was die Lichter im Tempel um so schöner leuchten ließ. Was für eine Anziehungskraft müssen Tempel da erst in früheren Jahrhunderten gehabt haben (oder auch noch Anfang des 20. Jahrhunderts in Taiwan), als die Umgebung noch nicht so lichtreich war.

Leider hatte auch mein Standardzoom mangels Lichtstärke so seine Probleme und bestrafte mit Verwacklungsgefahr, so dass ich bei vielen Aufnahmen die Kontraste verschärfen musste, um den Eindruck von größerer Schärfe zu erwecken - ein kleiner Trick bei der Bildbearbeitung, denn das menschliche Auge ermittelt Schärfe kontrastbasiert. Auch meine rufende Ehefrau, die zur U-Bahn wollte, mag beim Nichtruhighalten der Kamera eine Rolle gespielt haben. Sonst habe ich bei solchen aufnahmen ein 1,7/50mm - Objektiv auf der Kamera oder ein 2,8/28mm, beides lichtstarke Festbrennweiten. Aber diesmal eben nur das Standardzoom - meine Frau hatte mich auf Taschendiebe im Stadteil Ximen und seinen Fußgängerzonen hingewiesen. Mit 3,5-5,6/28-80mm ist das Standardzoom wirklich eine unschöne Lösung, da hatte ich doch zu viel gespart, als ich es einst für 9 Euro plus Versand bei Ebay erworben habe. Trotzdem leuchtet der Tempel schön in der Aufnahme und man kann sich vorstellen, wie Menschen in alten Zeiten aus ihren dunklen Hütten heraus (vgl. Fotos von Taipei um 1910 etwa) vom Licht eines solchen Tempels angezogen wurden. Auch wenn der noch keine chinesische Leuchtschrift per Computer hatte damals wie hier.

Götter und Opfergaben. Manchmal tut mir meine westliche Sichtweise da fast weh, die bunte und güldene Götterfiguren automatisch als sinnfreien Mummenschanz einstuft, so wie es die christlich-abendländische Theologie lehrt, vgl. Tanz ums goldene Kalb. Ich bemühe mich dann immer um eine offenere Sichtweise, schließlich sollen die hübschen Statuen Ehrfurcht beim Betrachter erzeugen. Aber ganz kann ich mich von der christlichen Askeseästhetik nicht lösen, das gebe ich zu. Hat der da links Hörner?

Hübsch immer die Dächer mti ihren Drachen und derlei Dekorationen. Meiner Frau ist immer unwohl, wenn ich im Tempel fotografiere, vielleicht deshalb auch das Drängen in die U-Bahn zu steigen. Sie weiß, dass das für mich halt nur bunte Deko ist, während es für sie ein sehr ernsthafter Ort ist. Auch wenn ich mich natürlich respektvoll verhalte.

Sehr ungewöhnlich die Tierstatuen. Jeder Tempel hat so seine eigene Spezialität. Was genau hier die Bedeutung ist weiß ich nicht, ich kenne etwa einen Tempel in Taiwan, bei dem eine Schildkröte als Fruchtbarkeitssymbol diente, auch Affen mit gottähnlichem Status hat man manchmal, aber selten.

Hübsch die Lampinon-Decke.

Sicher kann man auch hier um irgend etwas bitten, beim Kerze aufstellen, da bin ich mir sicher.


...

 Auf den ersten Blick dachte ich wirklich, ein Hund würde hinter mir stehen beim fotografieren. Der zynische Expat will fragen: "Was brauchen die bei all den Straßenhunden hier noch hundegroße Löwenstatuen?", doch der respektvolle Tempelbesucher bringt den frechen Kerl zum schweigen.


Solche Tempel sind im hektischen Taipei immer eine angenehme Ruhezone.

Immer wieder pratisch der "Raus"-Pfeil, in Verbindung mit dem "Kao"-Symbol für Gebiet oder Mund üblicherweise (ein einfacher Kasten, links nicht mehr im Bild), zusammen heißt das dann "Ausgang". Dieses Wissen ist in Parkhäusern praktisch, hier im Tempel oder auch dereinst in der Unterwelt, wenn man sich als ungläubiger Expat ganz tief unten in der traditionell chinesischen Hölle wiederfindet.

3 Kommentare:

TG hat gesagt…

Das ist der Taipei Tianhou Tempel (台北天后宮). Das original aus 1746 war an einer andren Stelle gestanden irgendwo in Monga, bis dann die Japaner ihn zerstört haben und man die Götter zwischenzeitlich hinter den Longshan Tempel gebracht hat. Nach dem Krieg (1948) wurde dann dieser Tempel in Ximending gebaut und die Götter dann hierher gebracht. So ungefähr ist die Geschichte dieses Tempels.

Der Tempel hat auch eine Webseite:
http://taipeitiauhou.tw/en/index_en01.html

"Ludigel" hat gesagt…

Danke für die Info! Sehr interessant.

Anonym hat gesagt…

Karl Ketzmeier wrote:

Mit dem richtigen Marketing könnte sich der Mazu-Kult auch in Europa seinen Marktanteil sichern. Ich meine, die Katholische Kirche liefert einfach nicht mehr.