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Dienstag, März 21, 2017

Gebrauchtwagen Teil 3: Autos von der Bank klauen

Endlich mal der Hausbank was heimzahlen? Gemeint ist hier aber nicht, dem Filialleiter seinen schwarzen Toyota Camry zu klauen, sondern die Taiwaner haben etwas viel trickreicheres im Sinn

In Deutschland habe ich mal ähnliches gehört. Wenn Herr Thorsten van Anderen sich einen neuen BMW 750i gekauft hat und nicht abbezahlen kann, wird er per Repro-Mann wieder beschlagnahmt und geht zurück an die Bank. Manche besonders pfiffige Schuldner verkaufen den teuren neuen Wagen aber schnell an eine Hinterhofwerkstatt und melden ihn als gestohlen oder dergleichen. Und die verkauft ihn dann in Teilen. Pfiffige Detektive werden dann ggf. beauftragt den Wagen vorher wiederzufinden.

Manch einer wäre hier froh, wenn er die Kiste loswürde irgendwie...
Um solche Autos geht es hier natürlich nicht, sondern nur um dicke meist deutsche Importautos

In Taiwan geht es aber noch trickreicher. Es gibt nämlich Pfandhausseiten, die Autos anbieten, die zwischen 3 und 6 Jahren alt sind. Neuere fehlen, vielleicht weil sich da das Anheuern von Detektiven lohnen würde, die den Autos auf der Spur sind. Diese Pfandhausseiten erwähnen, dass die Autos unter Eigentumsvorbehalt (einer Bank) stehen und daher nicht einfach auf den eigenen Namen zugelassen werden können. Man erhält die Fahrzeugpapiere, aber diese lauten weiterhin auf den Namen des ursprünglichen Käufers/Schuldners. Und man kriegt die Autos also nur permanent überlassen, wofür man die Hälfte oder ein Drittel des Zeitwerts des Auto an das Pfandhaus bezahlt. Damit die Bank das Auto nicht findet und beschlagnahmt bieten die Pfandhäuser einen besonderen Verschleierungsservice an, der u.a. andere Kennzeichen beinhaltet.

Meine Meinung nach längst auf der falschen Seite der Grauzone zwischen legal und illegal und Links will ich auf solche Seiten doch nicht setzen. Aber wie geht das Ganze nun im Detail vor sich? Im Beispiel wie unten:

Herr Li kauft sich seinen dicken Mercedes E300 und kann ihn am Ende nicht mehr abzahlen. Jetzt geht er schnell zum Pfandhaus und bekommt dafür Geld in die Hand gedrückt. Kann er den Wagen nach einiger Zeit nicht mehr auslösen, verbleibt er beim Pfandhaus. Das Pfandhaus bietet ihn nun schnell auf einschlägigen Webseiten an, mit dem Hinweis man können ihn nicht einfach auf den eigenen Namen zulassen. Denn sonst würde die entsprechende taiwanische Zulassungsbehörde ihn wohl für die Bank beschlagnahmen lassen. Wenn man den Wagen jedoch haben will, kriegt man Fahrzeugbrief und -Schein, die es auch in Taiwan gibt. Dort steht auch noch der ursprüngliche Halter Herr Li drin und weder Herr Li noch der neue Käufer zahlen die Steuer oder gar Versicherung. Aber der "Käufer" könnte jetzt natürlich fröhlich mit dem E300 herum fahren. Solange, bis er beschlagnahmt wird. Um das zu verhindern kauft das Pfandhaus eine Doublette auf. Das ist ein gleichfarbiger Wagen der selben Baureihe (die Farbe steht in Taiwan in den Wagenpapieren!), der kaum noch etwas Wert ist. Vielleicht ist er schon ein paar Jahre älter, hat vielleicht einen Flutschaden bekommen (kommt in Taiwan öfter mal vor) oder hat gar einen Unfallschaden. Vielleicht ist es sogar nur ein E260 oder was auch immer. Dieses Wrack kann der "Käufer" nun legal auf sich zulassen und dafür auch die KFZ-Steuer bezahlen. Allerdings wird das Wrack nie gefahren, sondern bleibt an einem geheimen Ort beim Pfandleiher stehen. Irgendwo in einer Wellblechhalle. Trickreich werden nun die neuen legalen Kennzeichen des kaputten E260 mit denen des schicken E300 getauscht. Idealerweise macht man vielleicht die E300/E260-Markierungen ab. Nun fährt der "Käufer" also mit Herrn Lis illegalem E300 herum, aber laut Kennzeichen ist es ein ganz anderer E260, der völlig legal ist.

Ohne Bezug zum Artikel. Die Jungs hier in der Nachbarschaft putzen alles was teuer ist.

Sinn der Übung ist, dass ein Repro-Mann der Versicherung den Wagen weder bei Herrn Li noch beim Abklappern von Pfandhäusern findet. Selbst wenn er die Wellblechhalle mit den Pfandleiherautos findet, wird er am Ende nur vor einem Schrottfahrzeug stehen, das in Baureihe, Farbe und Kennzeichen mit Hernn Lis Auto übereinstimmt. Nur dass es in Wirklichkeit eben der schrottige E260 ist und nicht Herrn Lis E300. Entnervt soll der Repro-Mann nun wieder nach Hause fahren und die Sache auf sich beruhen lassen. Weil es sich nicht lohnt, das Wrack - von dem der Repromensch denkt es sei Herrn Lis E300 - mitzunehmen.

Was wenn der illegale E300 mit der Vita des E260 nun in eine Polizeikontrolle gerät? Kein Problem, heißt es in einschlägigen Foren. Strafmandate etc. orientieren sich am Kennzeichen und die Polizei macht eigentlich nie die Motorhaube auf, um die Fahrgestellnummer zu kontrollieren. Auch die automatischen Mautstationen auf Taiwans Autobahnen orientieren sich natürlich nur am Kennzeichen und das gehört ja einem legalen Fahrzeug und ist auf den neuen Halter zugelassen.

Alles paletti also? Ich denke unangenehm würde es, wenn das Fahrzeug etwa einen schweren Unfall hätte und irgendjemand doch die Fahrgestellnummern ermittelt. Dann müsste man der Polizei erklären, wieso man ein gesuchtes Fahrzeug fährt. Und wehe, wenn das Auto dann noch wegen Fahrerflucht und einem schweren Vorunfall vor Jahren gesucht wird.
Oder was, wenn der Wagen wirklich gestohlen wird? Man meldet dann der Polizei einen gestohlenen legalen E260, der in Wirklichkeit in einer Wellblechbutze steht. Alles sehr sehr unorthodox und vermutlich kriminell. Und falsche Kennzeichen am Auto zu befestigen ist sowieso ein Vergehen. Aber alles spannend und taiwanisch-pfiffig.

Ein Zufallsfund beim Durchstöbern von Gebrauchtwagenforen und nicht zur Nachahmung empfohlen.

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