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Montag, April 14, 2014

Triaden-Pate gibt politische Statements im TV

Wenn Triaden-Paten in Taiwan Politik machen, was kann oder soll man dann noch dazu sagen?

Gestern im TV, ein älterer Herr in seriöser Kleidung steht auf einem weißen Podest mit der Flagge der Republik China aka Taiwan und spricht zu Journalisten, die anders als gewöhnlich sehr devot und folgsam nicken und zuhören. Wenn ich auch weder akustisch noch von meinen Chinesischkenntnissen folgen konnte, was er gesagt hat, sprach das Bild doch für sich. Der Mann ist Chang An-lo, auch genannt "der Weiße Wolf", ein (ehemaliger) Pate der "Bambusgang", sprich der Triade (will sagen Mafia-Organisation), die Taipei beherrscht und der man nachsagt, bestens mit der regierenden KMT-Regierung verzahnt zu sein. Herr Chang hatte sich bis vor kurzem in China verborgen, wurde bisweilen als Taiwans meistgesuchtester Verbrecher bezeichnet und wird auch mit der Ermordung eines KMT-regimekritischen Journalisten in der USA in Zusammenhang gebracht, der in den 80ern über eine außereheliche Affaire des damaligen KMT-Diktators Chiang Chin-Kuo (der Sohnemann von Generalissimo Chiang Kai-Check) berichtet hatte und dafür von der Bambusgang ermordet wurde. Chang ist also die personifizierte schmutzige Wäsche der KMT, die heute demokratisch gewählt seit 2008 wieder über die Inselrepublik regiert.

 In Zukunft lieber ein fröhliches Gesicht machen...

Doch was geschah, als der "meistgesuchteste Verbrecher" aus seinem Asyl in der VR-China (wo er beste Kontakte zur KP Chinas hatte und für die "Wiedervereinigung" von Taiwan mit China eintrat) wieder nach Taipei einreiste? Er wurde zunächst verhaftet (http://www.news.com.au/world/taiwan-gang-leader-white-wolf-arrested-after-china-exile/story-fndir2ev-1226671996791) und kam dann sofort auf vergleichsweise Mini-Kaution von 33.000 US-Dollar frei (http://www.taipeitimes.com/News/front/archives/2013/06/30/2003565973). Und heute hat er eine eigene kleine politische Partei in Taiwan, die für die "Wiedervereinigung" mit China eintritt und darf im KMT-freundlichen TV seine Meinung kund tun. Und organisierte pro-Regierungs-Demonstranten kürzlich als Gegenmacht zu den Anti-China und Pro-Demokratie - Studentenprotesten.

Ich frage mich nun, ob nicht ein demokratisches und pluralistisches System wie das von Taiwan an seine Grenzen stößt mit einem Triaden-Paten als Politiker. Sicher ist wohl niemand in Zukunft gezwungen seine Partei zu wählen, aber Wahlergebnisse hängen ja auch von Medienpräsenz ab. Und was, wenn ein solcher Politikpate mehr TV-Zeit will. Können die gefragten TV-Journalisten wirklich noch nein sagen? Wenn man darüber zu entscheiden hätte als TV-Mensch und ein Abgesandter dieser "Partei" sitzt einem gegenüber, besieht klischeehaft die Fotos von Frau und Kind auf dem Schreibtisch und äußert sich darüber, würde man dann nicht doch lieber das Interview machen? Und die Journalisten, trauen die sich wirklich noch, kritische Fragen zu stellen. Etwa Fragen wie: "Wieso bezeichnen Sie Politiker von Taiwans Opposition als Kriminelle, wenn Sie selbst....?"

 ... und über Fressbuden berichten, statt sich mit taiwanischer Politik die Laue zu verderben.

Persönlich war ich in der letzten Zeit neutral bei den Studentenprotesten, die gegen den prochinesischen Kurs der gegenwärtigen KMT-Regierung angingen. Mein Gefühl konnte sich leicht mit den sympathischen Leuten identifizieren, die gegen eine Vereinnahmung durch einen autoritären Staat wie die VR-China protestierten. Doch mein Hirn (das manchmal doch noch etwas zu sagen hat) beschwerte sich, diese Proteste könnten im Extremfall (hätten sie etwa die KMT-Regierung zum Rücktritt gezwungen oder ähnliches) sehr wohl eine Invasion seitens der VR-China nach sich ziehen. Droht doch die VR-China mit militärischer Annexion von Taiwan für den Fall eines weiteren Abdriftens der Inselrepublik Richtung de-jure Unabhängigkeit von China (auch wenn die Republik China aka Taiwan in der Praxis längst ein eigenständiger Staat ist). Auch mahnte mein Verstand, einem politischen System, das (obwohl parlamentarische Demokratie) Ausländern die politische Betätigung und oft sogar Präsenz auf legalen Demonstrationen verbietet, sei nicht das richtige, um sich da mit einer politischen Strömung zu solidarisieren. Und offen gestanden, ich empfinde es durchaus als angenehm, neutral in einem politischen System zu sein, in dem die Mafia Politik macht. Und das Weißgold unter all dem Katzengold war die Taiwan-Unabhängigkeitsbewegung in der Vergangenheit ja auch nicht, man denke an den Marathon Mega-Korruptionsskandal der DPP und ihres Präsidenten Chen (der Taiwan 2000-2008 regierte), der u.a. aus dem Präsidentenpalast heraus einen Kaufhauskonzern erpresst hatte. Das muss man erst mal hinkriegen!

Für mich persönlich habe ich beschlossen einen Schritt zurück von der Politik zu machen und das Ganze eher von der Außenlinie neutral zu beobachten, ohne den Pro-Protest-Vibe, den ich in der letzten Zeit hatte. So ganz den richtigen Vibe hat das taiwanische politische System eben doch nicht für mich. [editiert]

LINK: Ausländischer Journalist und Blogger besucht das Büro der Partei von Herrn Chang: http://fareasternpotato.blogspot.tw/2013/07/a-visit-to-white-wolfs-unionist-party.html 

LINK: Interessanter Artikel: "Die Rückkehr der Gangsterpolitik in Taiwan": http://thediplomat.com/2014/02/the-return-of-gangster-politics-in-taiwan/

1 Kommentar:

Miri hat gesagt…

Rückzug von der Berichterstattung über politische Themen?!?

Dabei wurde es gerade so interessant... ;-P

Wehe, Du schreibst dann nicht über andere, mindestens genau so interessante, Themen... ;-P