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Mittwoch, Oktober 19, 2011

Konfuzius sagt: Lasse liege in Blutlache

Del weise Konfuzius ist so etwas wie die Verkörperung der chinesischen Kultur, mit seinen Lehren, sich so zu benehmen, dass jeder nach Möglichkeit sein Gesicht wahren kann (in der Praxis dann: um den heißen Brei herumreden, nie nein sagen und lieber hinterrücks intrigieren als direkt Probleme ansprechen, Probleme aufstauen lassen bis der Deckel vor Überdruck aus dem Schädel fliegt) und seiner Einordnung des Menschen in eine Art Pyramide, wo oben der Kaiser (die KP-China in der modernen Version) und ganz unten die Familie ist (und eigentlich nicht das Individuum, weil sich alles über Familienbeziehungen definiert). Der Mensch im Konfuzianismus kümmert sich um seine Nachbarn und die nächsthöhere Schicht in der gesellschaftlichen Pyramide (also Freunde, Familie, Chef) und ignoriert alle anderen. In der Praxis führt das zu dem was der SPIEGEL in seiner Onlineausgabe heute auch diskutiert (http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,792573,00.html), der Fall wo ein kleines Mädchen in China zweimal überfahren wurde und 18 Leute das schwer verletzte Kind (das mittlerweile hirntot sein soll) ignorieren. Bizarr, wie der zweite das Kind überfahrende Lieferwagen erst die Lichthupe betätigt und dem liegenden schwerverletzten Kind dann über die Füße fährt. Fahrkunst der Sonderklasse.
Wieso kümmert sich keiner der Passanten um das angefahrene Mädchen? Und warum schreibe ich hier im Taiwanblog drüber?

Die zweite Frage ist einfach zu beantworten, auch in Taiwan fährt man an Unfallopfern vorbei, tue ich auch und Taiwans Staatsname ist halt "Republik China" und sie sind oft chinesischer als die Chinesen. Und in der Tat habe ich einmal sorgsam mit spitzen Fingern um die blutenden Hände von zwei jungen Damen navigiert im Berufsverkehr, die sich mit Blut an den Fingern und schmerzverzerrten Gesichtern über den Asphalt schoben. Andere fuhren auch vorbei und zig Passanten standen da, grinsten ihr konfuzianisch-orientalisch-weises Grinsen und machten Fotos mit dem Handy. Notruf anrufen tun sie noch lange nicht.

Warum hält man nicht an? Ganz einfach, weil man verklagt wird, wenn man hilft. Oft jedenfalls. Nach Konfuzius kümmert man sich besonders um Freunde und Verwandte und daraus wird in der Praxis in China/Taiwan: Man kümmert sich NUR um Freunde und Verwandte. Im Umkehrschluss hat jeder, der anderen Menschen hilft, in dieser Angelegenheit irgendeine Art von Interesse, ist also vermutlich der Unfallverursacher. Dies wird zum Beispiel in diesem chinesischen Präzedenzfall deutlich, in dem der Richter messerscharf und vermutlich unbewusst mit konfuzianischer Logik argumentiert: http://www.chinadaily.com.cn/opinion/2011-01/05/content_11794724.htm. Ein junger Mann hilft in China einer gestürzten älteren Dame auf die Füße und bringt sie ins Krankenhaus, der Richter argumentiert seine Einmischung sei nicht normal und er müsse daher etwas mit dem Fall zu tun haben und verurteilt ihn zur Übernahme von 40% der Behandlungskosten.

Frau und ich haben einmal angehalten, als ein schwarz gekleideter Teenager im Dunkeln bei Regen auf der Fahrbahn lag, er wollte dann von uns ins Krankenhaus gefahren werden, blos keine Polizei, sagte er. Und im Krankenhaus kämen dann vielleicht noch 5 Verwandte, die rumlamentieren und bedrohliche Gesten machen und man soll dann 80.000 Taiwandollar (2000 Euro) bezahlen um großzügierweise aus der Sache raus zukommen. Wir haben ihn damals nicht gefahren und stattdessen die Polizei gerufen, die sagten, der von ihm behauptete vorher stattgefundene Unfall mit einem flüchtigen Fahrzeug sei nicht koscher. Aber es war schon ein spannender Moment, ob er uns belastete wie in Taiwan üblich oder bei seiner Story von der Drittpartei bleiben würde (eine Story die auch merkwürdig klang irgendwie).

Deswegen fahren die Leute weiter oder gehen drum herum. Wer anhält fürchtet, als Todesfahrer angeklagt zu werden oder eine Zivilklage vom Unfalopfer zu bekommen. So einfach ist das.

Hässlich aber wahr in China und auch im Taiwahn. Das schockierende Video, das der Spiegel nicht zeigt, ist HIER:
http://www.chinasmack.com/2011/videos/2-year-old-chinese-girl-ran-over-by-van-ignored-by-18-bystanders.html
WARNUNG: Ich musste mitten im Video Schluss machen und stand hinterher ziemlich quadderich in der Kantine. Also gut überlegen, ob man das ansehen will. Wer leicht emotionale oder psychische Probleme hat oder hatte bitte die Finger davon lassen. 
 

Absichtlich kein Link, denn hier sieht man deutlich wie das kleine Mädchen überfahren wird.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lu Er Fu:
Und selbst wenn man 193,8%ig schuldig an einem Unfall ist, werden einem die Rechtsverdreher einreden zu klagen. (Natürlich ohne Eigennutz). Es besteht immer die Chance doch noch etwas rauszuholen. Besonders gut geht das dann, wie beschrieben, mit Ausländern, die sich nicht auskennen, die Sprache nicht sprechen, irgendwas proforma unterschreiben, irgendwann 'Yes' sagen an einer falschen Stelle und (leider) zu human sind.
Frisch in Kaohsiung holte ich meine Frau öfters abends von der Arbeit (im Gericht) ab. Dazu wartete ich gegenüber dem Eingang wo sich "zufälligerweise" jede Menge Garagenbüros mit 'Attorneys', oder so ähnlich, befinden. Und jeder wollte meine Frau sofort raushauen weil ich sagte dass sie dort drin ist. No problem ...trust me. I am the best in this road. Der nächste war the best in the area, best in town, best in district usw. Und jeder hatte special rates für mich.
So traurig es ist..man sollte wirklich nicht versuchen, dort den Samariter zu spielen. Mir fällt dann das Geschrei ein als ich einer alten Frau in Tainan helfen wollte, ihre Tasche die steile Treppe zum Bahnsteig hinunterzutragen.

"Ludigel" hat gesagt…

Hihi, die hat bestimmt geschrien "Diebischer Ausländer will mir die Tasche stehlen".

Ein anderer Deutscher sagte neulich, in "tribal affairs" mischt man sich nicht ein. Stammesangelegenheiten. So muss man es wohl sehen, eine fremde Kultur mit fremden Regeln und entweder hält man sich raus oder befolgt die Regeln, was in diesem Fall beides auf "Weitergehen/fahren" heraus kommt.

Grüner_Tee_ist_gut hat gesagt…

Es hat sich inzwischen rausgestellt, dass das Video ge-Photoshopt wurde - also Fake ist.

Das Kind wurde bereits vorher wo anders absichtlich überfahren und dann wurde das Video zusammengeschnitten um Geld abzugreifen.

Kind wurde also wahrscheinlich absichtlich ermordet und Video wurde bearbeitet um es als Unfall aussehen zu lassen.

- Das Kind war nicht registriert als das Kind dieser "Eltern"
- Video scheint zusammengeschnitten. (Kind wurde erst auf die Straße geschickt > Aufnahmen, Sandsack wurde überfahren)
- Personen die dem Kind nicht geholfen haben waren zum Teil Angestellte des Ladens der angeblichen Eltern.
- "Angebliche Eltern" sind mit den gespendeten 3 Millionen RMB verschwunden.
- Zeuge sagte aus, dass er am angegebenen Unfall-Tag keinen Unfall auf der Straße gesehen hat.

Quelle: http://www.tieku.org/423380/1.html