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Montag, September 28, 2009

Wunderliches Drei-Länder-Baguette

Am Sonntagabend wollte ich erst zu Hause essen, hatte vergessen, dass wir ja diesen Sonntag bei Schwiegermama essen müssen-sollen-dürfen. Also habe ich mein Baguette (frisch von Carrefour) das eingefrorene dänische Kräuter-Rollfleisch (köstlich, selbst in Dänemark 2007 gekauft) und original schweizer Raklette-Käse (Spende vom schweizer Partner unserer Straßenhundrettung stray-dogs.org) eigepackt und bei Schwiegermama in der Küche zubereitet, während sie das Essen für die ganze Familie kochte - da sie dabei 7 oder 8 Gerichte auftischt, bruzelt sie die ganze Zeit, während alle am Tisch essen und kommt dann selbt erst hinterher zum Essen, die Arme.
Eigentlich wollte ich das Bagutte zubereiten, kam aber nicht dazu, Fleisch zu schneiden und es auf das Baguette für die Mikrowelle zu legen, weil meine Frau mit förmlich wegstieß und ungewohnten Arbeitseifer bei der Zubereitung meiner Franzmannstulle zeigte. Verblüfft ließ ich sie stapeln (viel zu viel drauf gehabt als Ergebnis, aber war köstlich), denn der Grund war, sie musste ihrer Mama zeigen, was für eine gute Ehefrau sie sei, denn den Göttergatten das Essen alleine zubereiten zu lassen, hätte gegen gute chinesische Familienwerte verstoßen (zuhause wenn Mama nicht da ist muss ich allein stapeln).

Wähend die Familie dann später Schwiegermamas Essen aß und ich auf meinem Ultra-XXL-Dänemark/Schweiz-Baguette kaute, kam mir so kurz der Gedanke, wieso ich eigentlich nicht einfach mit den anderen mitesse. Sah ja wirklich gut aus, was es wieder gab, von dem toten und glotzäugigen Fisch mal abgesehen. In der Tat laufe ich jedesmal zur Bäckerei oder zu Subway oder zu Burger King rüber, nur um Schwiegermamas Essen zu vermeiden, egal wie gut es auch schmeckt. Was ist der Grund für mein kulinarisches Fremdeln?

Da musste ich erstmal selber überlegen, während mir der heiße Käse über die Finger lief und alsbald dämmerte es mir. Die anfänglichen Verhandlungen über Kostgeld und Unterstützung der Eltern meiner Frau, die nun schon fünf Jahre zurückliegen, haben in mir eine Aversion ausgelöst, "meine Füße unter Schwiegermamas Tisch zu stecken". Nun dachten ja damals alle, alle weißen Männer sind reich, von wegen Geschäftsleute und Schwiegermama hatte ja damals etliche Rechnungen und Kostenvoranschläge zu präsentieren. Da diese Forderungen meine auswanderungsgeplagten Finanzen überstiegen, hatte damals mein Rückzug in die kulinarische Privatheit begonnen. Mein Burger von BurgerKing signalisiert: "Ich bin unabhänging und könnte mein Essen auch im Auto" einnehmen. Kurz überlegte ich, mein Verhalten nach nunmehr fünf Jahren zu ändern, schließlich umsorgt mich Schwiegermama mittlerweile rührend und wollte mir manchmal sogar Geld zustecken (natürlich abgelehnt), wohl um alte Missverständnisse wieder gut zu machen.

"Guck mal, Mama hat dein Lieblingsessen gekocht", sagte meine Frau. Fast hätte ich mir ein Häuflein aufgegabelt, das chinesische Mett mit schnittlauchartigem Gemüse hätte sicher noch zu Schweiz, Frankreich und Dänemark gepasst... doch dann zog ich die Stäbchen wieder weg und kaute lieber weiter auf meinem Baguette. Ich kriege noch immer dieses Magenflattern, wenn ich von ihrem Essen nehmen soll, denn mit jemanden Speis und Trank zu teilen, ist kulturell eben eine sehr wichtige Sache, die wohl ein gewisses Grundvertrauen voraussetzt. Scheinbar bin ich da etwas nachtragend, aber ich fühle mich so wohler, mit eigenem Brot in der Tasche.

Schwiegermamas Nachtisch (voller Tisch mit Keksen und Obst) nehme ich natürlich davon aus. So kann Schwiegermama zufrienden gucken, wenn ich ihrer Aufforderung nachkomme (sie sagt immer: iss, iss). Mal sehen, vielleicht nehme ich nächstesmal wieder eine Stäbchenspitze von dem Mett...

2 Kommentare:

Anyun hat gesagt…

Dieser Beitrag hast Du aber mit einfühlsamen Ton über die arme Schwiegermutti geschrieben. Ehrlich gesagt, Du hast Dich garnicht klug benehmen und ziemlich stur bist Du auch! Ich nehme an, die S.mutti hatte nicht die Möglichkeit, Ausbildungschance als Teenager gehabt. Früher heirateten taiwanische junge Frauen die Festländer, weil ihre Familie arm waren und die Ehe wurde von Eltern arrangiert. Die Heiratsformalitäten hat die S.mutti nur nach der alten Bräuche gehandelt. Sie kannte nicht anderes. Inzwischen war doch schon 5 Jahre vergangen, sie musst auch schon eingesehen, dass Du doch gut zu ihre Tochter bist.( Gott sei Dank, die S.mutti kannte kein Deutsch und wusste nicht von Deinen Blog hier. *Lach*)

Nächstemal isst doch ruhig mal mit und mach die S.mutti ein paar Komplimenten beim Essen. Sie wird sich schon freuen. Sie ist auch nur einsam, wollte die Kinder bei sich sehen. Die ältere Leute haben hier öfter so eine langweilige leben, weil es gibt nicht viel Beschäftigungsmöglichkeiten wie z.B. Tanzclub in Deutschland.

"Ludigel" hat gesagt…

Hihi, ich bin manchmal stur, das gebe ich gerne zu. :-)