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Montag, Oktober 22, 2007

Schwiegervaters Fledderrung Teil 3


English:
part 3 of the series about my father in law's Taiwan funeral. Unfortunately this post is only in German. Please refer to other posts to have English.

German:

Schwiegervaters Himmelfahrt 3
Es wird Zeit, den letzten Schritt zu tun...


Teil 2 (LINK)
Teil 1 (LINK)


Zwischendurch hatten wir jetzt einen kleinen Altar aufgebaut, prächtig mit Opfergaben geschmückt, nämlich ein totes Huhn in nackert toter Form, die toten Augen ungläubig in den Raum starrend (die garkochen ein ganzes Huhn inklusiver optischer Sensoren, aber wenigstens ohne Federfell), diversem Obst und einkonservter Getränke.
alle Fotos: Ludigel

Indische Götter, nur echt mit Punkt
Den Altar schmückten drei große Götterbilder, dicke Männer und Frauen mit riesigen Ohrläppchen und langen Nasen. Von heller Haut, aber unverkennbar den indischen Kastenpunkt mitten auf der Stirn. Ich erwähnte an dieser Stelle meiner Frau gegenüber, dass ihre chinesischen Götter ja ursprünglich aus Indien kämen, der Punkt sei Beweis, aber das hat mir natürlich eine Standpauke eingetragen von wegen 5000 Jahre plus Kultur und Indien, was wissen die denn schon. Ja, es ist halt a Kreuz mit diesen Copyrightfragen. Im Ernst kann man ergoogeln, dass mehrere der 500 chinesischen Götter auf indische Gottheiten zurückgehen.

Gut, orange Priester und Damen in schwarzen Trauergewändern schlagen stundenlang einen Holzgong und lesen im rythmischen Singsang aus Trauerbüchern vor und ich füge, wie andere Verwandte auch, an passender Stelle (aua! Tritt mich nicht immer, ich weiß jetzt kommt mein Einsatz) meinen Namen ein. Nebst Adresse.

Zu Ende gehuldigt und am nächsten Tag finden wir uns in einer großen Halle wieder, wo Schwiegerpapa einen riesigen Blumenaltar hat, eine große Pflanzenwand, und sein Portrait gnädig auf die versammelte Trauergemeinde, nur seine Familie, herunterlächelt. Mein Weibe ermahnt mich noch, unterwegs keine Bilder von fremden Toten anzusehen, da uns diese Seelen sonst folgen würden.


Nun war aber in Halle 12 so ein fesches Frauenzimmer, gerade mal 30, vielleicht hatte sie ja einen Autounfall oder gnädigen Föhntod in der Wanne, da denke ich mir, so ein fescher Geist zu nächtlicher Stunde ist manchmal garnicht so schlimm... Aber gut, zurück zu Schwiegervater.

Himmlische Reigen
Irgendjemand redet und redet und nach endloser Zeit führt uns ein Tempelpriester zurück zu den drei indischen Götterbildern, jetzt auch in der großen Halle. Er hat einen grünen Zweig in der Hand und a la Party-Polonaise (schreibt man die so?) rast die ganze Familie quer durch die Halle, dem zweigwinkenden orangen Priester hinterher. Hat irgendjemand in letzter Zeit diesen Komiker mit dem Gummiadler gesehen, der im deutschen Fernsehen immer seine Polonaise aufgeführt hat? Das Ding hat verdächtig dem Opfertier geähnelt.

Wie dem auch sei, der Priester schickt uns in wilden Kurven durch die Halle und jetzt fällt mir auf, dass er dabei einen Teekessel schwenkt.

Schwiegervater geheilt !Jetzt geht es in rauschender Fahrt raus aus der Halle auf den Vorplatz und mir ist schon ganz schwindelig und .... PENG. Laut scheppernd fällt dem Priester der Teekessel aus der Hand und er zerschlägt in tausend Scherben springend auf dem Pflaster. Ich will ihn gerade anbrüllen, von wegen du pietätloser Depp, da erklärt mir meine Frau:

Schwiegervater ist jetzt geheilt.

Aber, sage ich, Schwiegerpapa ist doch immernoch mausetot, kein noch so winziges Zucken umspielt seinen fahlen Mund. Ich sehe ihn da ja liegen, gleich neben dem nichtindischen Altar, mit oranger Hakenkreuzdecke.
"Jaaaa", sagt sie gedehnt, mit dem selben Gesichtsausdruck, den ein Versicherungsvertreter hat, der dir erklärt, wieso eine 1.5%ige Rendite bei der Lebensversicherung viel besser ist als die lappigen 5% beim Wertpapier auf der Bank; "jaaaaa schon", freilich, aber ...
"Er ist ja an einer Krankheit gestorben. Und von der ist er jetzt geheilt." Tot aber gesund, das muss den Buddhisten erstmal einer nachmachen.

Teer und Federn... tauchen nicht in dieser Angelegenheit auf, aber kurz zog mir so durch den Kopf, dass wohl manch ein buddhistischer Prediger im wilden Westen mit dieser Quaksalberei ein unrühmliches Ende gefunden haben muss.

Gut, nun zum Abschluss. Nächster und übernächster Tag, er ist ja gut gekühlt wieder im Kühlfach, eine kleinere Halle, ein kleinerer Blumenaltar. Ein Opfertisch mit kleinem Papierhaus und Papierauto und Papierstereoanlage etc. für das Leben im Jenseits. Papier-PDA und Papierhandy gibt es auch, aber so neumodisch war Schwiegerpapa nicht. Beet und beet und letztlich die Abschlussveranstaltung mit dem mittleren Altar und vielen vielen Freunden und bekannten und Familie, die alle den Waiguorenausländer bestaunen, Papa wird noch einmal herumgeführt, wir alle auf Knien und heulen. Geld in den Sarg gesteckt, ich werfe es natürlich vor Hast auf den Boden. Sarg zum Krämatorium getragen und ....

Weiter geht es mit dem Reigen, so eine Taiwanbestattung nimmt nie ein Ende, aber lassen wir es für heute mal gut sein.......


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